Leichte Spastiken in den Beinen und der Hüfte lassen sich durch eine Sitzposition Kniewinkel < 90° hemmen, bei der die Füße unterhalb des Gesäßes positioniert werden. Wenn die Spastiken in Beinen und Hüfte zu stark sind oder andere Gründe dagegen sprechen, können Sie den Rollstuhl mit einem System zurüsten, das die Spastik auffängt. Bei der klassischen Lösung werden die Beinstütze und der Rücken der Rollstühle so verstärkt, dass sie der Krafteinwirkung der Spastik widerstehen können. Das bringt nicht immer dauerhaften Erfolg. Seit einiger Zeit hat sich der Gedankte durchgesetzt, dass es besser ist, die Spastik aufnehmen und quasi auslaufen zu lassen („dynamisches Sitzen“). Diese dynamischen Systeme sind für den Patienten schonender und dauerhaft sicherer für den Rollstuhl. Wir empfehlen bei jedem Rollstuhltyp (Aktivrollstuhl, Faltrollstuhl, Leichtgewicht oder Elektrorollstuhl) das dynamische System zu testen. (Fi1) So bekommen Sie einen Eindruck davon, inwieweit es Ihnen helfen kann. Übrigens: auch bei athetotischen Störungen der unteren Extremitäten kann die Zurüstung mit einem dynamischen System hilfreich sein.

Wenn Sie bei Infantiler Cerebralparese Störungen in allen vier Extremitäten haben, muss geprüft werden, ob das selbständige Fahren in einem Elektrorollstuhl oder ein Lagerungsrollstuhl die sinnvolle Versorgung ist.

Nach unserer Erfahrung hilft häufig schon die passende Einstellung des Sitzwinkels (ca. 10-15° „Kantelung“), um Spastiken zu dämpfen und das Steuern eines Elektrorollstuhls zu erleichtern. Da Sie den Rollstuhl über längere Zeit am Tag nutzen, sollten beim Elektrorollstuhl Rückenwinkel und Beinstützenwinkel verstellbar sein. Beim Lagerungsrollstuhl sind diese Funktionen inbegriffen.

Bei starken Spastiken sollten Sie sowohl beim Lagerungsrollstuhl wie beim Elektrorollstuhl über die Zurüstung eines dynamischen Systems nachdenken, das die Spastiken auffängt. Nach unseren Erfahrungen wirken solche Systeme auch bei schwerer betroffenen Nutzern langfristig entspannend. Zudem schonen sie den Rollstuhl mehr als die herkömmliche Methode des Verstärkens und Verriegelns. Auch im Hinblick auf die gesetzlich eingeschränkten Möglichkeiten des Festbindens sollten Sie ein solches System testen. Achten Sie darauf, dass der Drehpunkt des Rollstuhlrückens einen Ausgleich für den Versatz zu dem Drehpunkt in der Hüfte des Nutzers vorsieht. Sonst zieht das Aufmachen des Rückenwinkels dem Rollstuhlnutzer buchstäblich das Hemd aus. (Fi2)

Bei der Nutzung eines Elektrorollstuhls stellt sich zusätzlich die Frage nach einer sicheren Steuerung des Rollstuhls. Spastiken oder Athetose in Arm und Hand verhindern oft die Nutzung eines herkömmlichen Joysticks. Deshalb gibt es Sondersteuerungen, z.B. eigens für Spastiker konstruierte Joysticks. Sie nehmen die Kräfte auf und setzen sie in Steuerbefehle um. Die Bandbreite reicht von reiner Kraftdämpfung bis zu elektronischen Regelsystemen. Eine Alternative auch bei starker Athetose sind Tastenfeldsteuerungen. Sie können auf bzw. unter dem Tisch (bei Näherungssensoren) oder auch in der Kopfstütze angebracht werden. Je nachdem, wo für Sie als Nutzer die beste Auslösemöglichkeit besteht.

Viele Patienten mit starken Spastiken insbesondere in den Händen und Armen haben gute Erfahrungen mit einer Kopfsteuerung gemacht, da sie mit der Kopfmuskulatur besser steuern können. In einigen Fällen war dafür eine kombinierte Kopf-Nackenstütze notwendig, um die störende Wirkung der Spastik in der Nackenmuskulatur aufzufangen.

Sollten Sie beim Fahren des Elektrorollstuhls auf die Hilfe eines Begleiters angewiesen sein, um z.B. am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen oder weil Sie längere Strecken bewältigen müssen, dann benötigen Sie eine Begleitersteuerung. Diese wird am Rücken des Rollstuhls angebracht. In diesem Fall empfehlen wir die Wahl eines Elektrorollstuhls mit Hinterradantrieb. So kann Ihr Begleiter den Rollstuhl steuern, ohne sich dabei über die Füße zu fahren.

Sie haben ICP und leiden an spastischen Symptomen in den unteren Extremitäten? Dann kann ein regelmäßiges Stehtraining dämpfend wirken und Ihnen Entlastung bringen. Die Entlastung ist noch größer, wenn Sie die Stehfunktion mit einem dynamischen System kombinieren, das die Spastiken auffängt. Das bedeutet: in den Phasen des Sitzens lässt das dynamische System die Spastik „auslaufen“. In den Stehphasen dämpft Ihr Körpergewicht die Spastik. Dynamisches System plus Stehfunktion sind beim Elektro-Rollstuhl (Stehrollstuhl) möglich.Wenn Sie eine besonders ausgeformte Sitzschale brauchen, sollten Sie darauf achten, dass der Stehprozess möglichst ohne Versatz durchgeführt werden kann. Das kann insbesondere bei kleinen Sitztiefen zum Problem werden, wenn aus technischen Gründen die Verkürzung nur durch ein Polster vorgenommen wird. Dies kann zu Schmerzen führen. Sie sollten einen Rollstuhl wählen, der diese Scherkräfte auch bei kleinen Sitztiefen vermeidet (z.B. BV50 kids Edition). Wenn Sie nicht mehr selbständig mobil sein können und auf Hilfe angewiesen sind, kann das dynamische System auch mit einem manuell angetriebenen Stehrollstuhl kombiniert werden. Dann empfiehlt sich auch die Zurüstung einer Bremshilfe und Schiebehilfe, um auch Spaziergänge im Außenbereich bei weniger ebenem Gelände machen zu können. Wir arbeiten hierfür seit einigen Jahren mit der Firma AAT zusammen.