Menschen mit deutlichem Übergewicht können sich oft im häuslichen Umfeld noch ohne Rollstuhl fortbewegen, sei es mit Hilfe eines Rollators oder durch „Hangeln“ entlang der Möbel. Der manuelle XXL Rollstuhl (auch bariatrischer Rollstuhl) wird nur draußen genutzt oder wenn z.B. nachmittags die Ermüdung einsetzt. Dieser Rollstuhl ist besonderen Belastungen ausgesetzt. Denn das Setzen in den Rollstuhl verursacht genau wie das Aussteigen Schmerzen. Dazu kommt die fehlende Kraft im Oberschenkel. Beides führt dazu, dass sich der Patient meistens in den Rollstuhl fallen lässt. Beim Aufstehen belastet der Übergewichtige dann die Armlehnen mit seinem ganzen Gewicht. Deshalb sollte der XXL- oder bariatrische Rollstuhl entsprechen stabil sein. Beim Hereinsetzen ist unbedingt darauf zu achten, dass die Antikippräder nach hinten ausgeklappt sind. Nur so kann ein Umkippen des Rollstuhls vermieden werden.

Eine feste Sitzplatte ist deutlich belastbarer als eine Sitzbespannung und sollte bei Faltrollstühlen „entnehmbar“ sein. Eine Verstärkung der Armlehnen und eine Armpolsterbefestigung empfehlen sich ebenfalls. Wird ein Elektrorollstuhl benutzt, kann zur Erleichterung des Hineinsteigens und Heraussteigens eine Aufstehhilfe zugerüstet werden, die es überflüssig macht, sich fallen zu lassen. (Fi1)

Aus eigener Kraft einen Rollstuhl anzutreiben, das ist für stark übergewichtige Menschen schwierig. Dies liegt zum einen an dem zu bewegenden Gesamtgewicht. Zum anderen können die Arme häufig die Greifreifen nicht so erreichen, dass eine gute Kraftübertragung stattfindet. Deshalb ist bei Adipositas die richtige Einstellung des Rollstuhls besonders wichtig (richtige Sitztiefe, Gewicht überwiegend auf den Antriebsrädern, Erreichbarkeit der Greifreifen). Dennoch kann es Wegstrecken z.B. mit Steigungen geben, die aus eigener Kraft nicht zu bewältigen sind. Hier empfiehlt sich ein Elektroantrieb für manuelle Rollstühle. Sollten Sie anstatt auf einen Zusatzantrieb lieber auf schiebende Helfer setzen, dann sollte der Rollstuhl in jedem Fall eine Trommelbremse für den Begleiter besitzen. Sonst werden Strecken mit Gefälle zu einer Gefahr. Wird der Rollstuhl im Außenbereich überwiegend geschoben, empfiehlt sich eine elektrische Bremshilfe und Schiebehilfe. So werden auch längere Spaziergänge für Helfer und Nutzer ein Vergnügen.

„Doch wie bemisst sich eigentlich die Gesamtbreite eines Rollstuhls? Für einen selbst angetriebenen, manuellen Rollstuhl errechnet sich die Gesamtbreite aus der persönlichen Sitzbreite - im Sitzen gemessen die breiteste Stelle der Hüfte - plus mindestens 2 cm für die Winterjacke plus ein Aufschlag von 18 bis 22 cm. Unbedingt zu beachten ist, dass Rollstühle Standardmaße haben. Wenn Sie eine Sitzbreite von 45 cm gemessen haben, kann es sein, dass der Rollstuhlhersteller nur 44 cm oder 46 cm im Programm hat. In jedem Fall sollten Türen immer 4 cm breiter sein als der Rollstuhl, da sonst die Finder gequetscht werden können. Bei Elektrorollstühlen kann die Gesamtbreite um bis zu 20 cm breiter sein als „Sitzbreite plus Winterjacke“. Allerdings kann der Aufschlag bei zunehmender Sitzbreite auch abnehmen, da das gleiche Fahrgestell für verschiedene Sitzbreiten genutzt wird.

Treibt der Nutzer den Rollstuhl nicht selbst an, kann sich die Gesamtbreite um bis zu 15 cm reduzieren, wenn hinten Räder mit 12“ eingesetzt werden.

Elektrorollstühle in großen Sitzbreiten und mit Traglasten über 160 kg werden in der Regel mindestens eine 90er Tür zur Durchfahrt brauchen. Aber es ist auf keinen Fall eine Lösung, den Rollstuhl zu eng zu wählen. Neben der Beschädigung der Seitenteile, können Druckstellen und im schlimmsten Fall Druckgeschwüre entstehen. Die Sitzbreite sollte immer gut zu Ihnen passen.

Doch was tun, wenn die Türen zu schmal sind? Leben Sie in einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung, dann können Sie schmale Türen verbreitern lassen (wenn technisch möglich). Dafür gibt es staatliche Zuschüsse und verbilligte Darlehn. Mieter brauchen für eine solche Maßnahme die Zustimmung des Vermieters. Während früher die Zustimmung oft an eine Rückbauverpflichtung nach Auszug gekoppelt oder gar verweigert wurde, erkennen heute viele Vermieter, dass es sich um eine Aufwertung des Mietobjektes handelt. Denn breite Türen erhöhen in einer immer älter werdenden Gesellschaft die spätere Vermietbarkeit deutlich.

Viele übergewichtige Rollstuhlfahrer klagen über Rückenschmerzen. Sie sind darüber hinaus besonders gefährdet für Druckstellen und Dekubitus. Daher ist es zu empfehlen, Lagerungsfunktionen in den Rollstuhl einzubauen, vor allem wenn der Patient viele Stunden täglich im Rollstuhl sitzt. Beim manuellen, selbst angetriebenen Rollstuhl können das eine Rückenwinkelverstellung und Beinwinkelverstellung sein. Kann der Patient seine Sitzposition nur noch wenig oder gar nicht selbst ändern, empfiehlt sich ein Lagerungsrollstuhl, der zusätzlich noch über eine Sitzwinkelverstellung verfügt. Für einen Elektrorollstuhl, der oft sehr lange täglich genutzt wird, sollten diese Verstellungen ebenfalls berücksichtigt werden.

Eine weitere Problematik bei Adipositas im Elektrorollstuhl ist, dass Patienten einen rechts oder links angebrachten Joystick nicht gut erkennen können. Sie neigen sich dann zur jeweiligen Seite, was die Steuerbarkeit des Rollstuhls beeinträchtigt. Zudem kommt es über längere Zeit zu hohen, einseitigen Druckspitzen im Gesäß. Eine zentral angebrachte Steuerung mit Patentaufnahme vermindert das Dekubitusrisiko.

Patienten mit Adipositas klagen häufig über Druckstellen und Kreislaufprobleme. Regelmäßiges Stehen entlastet das Gesäß und stabilisiert den Kreislauf. Kann der Patient nicht mehr aus eigener Kraft aus dem Rollstuhl aufstehen, kann ihm ein Aufstehrollstuhl dabei helfen. Aufgrund der besonderen Belastung ist das Gewicht, das ein Stehrollstuhl heben kann, meist auf 140 – 160 kg beschränkt.

Bei der Auswahl des richtigen Rollstuhls ist zu beachten, ob es Tendenzen für eine Gewichtsveränderung gibt. Der Verlauf der Grunderkrankung, die Einnahme bestimmter Medikamente oder Bewegungsmangel gepaart mit Langeweile: alles Faktoren, die das Gewicht schnell um 10% hochtreiben. Bei einem Startgewicht von 200 kg sind das 20 kg. Gerade bei Patienten mit starker Ödembildung kann der Gewichtsunterschied vor und nach der „Entwässerung“ noch viel größer sein. Andererseits können diätetische Maßnahmen, Medikamentenabsetzung oder operative Eingriffe das Gewicht auch stark fallen lassen. Deshalb sollten absehbare Gewichtsschwankungen bei der Auswahl des Rollstuhls besprochen und ggf. die Versorgung angepasst bzw. bis nach einer Operation verschoben werden. Wenn die Gelegenheit besteht, kann man in diesen Fällen auch einen in der breite anpassbaren Rollstuhl wählen.